Behavioral Economics & Anreize: Herausforderungen und Zukunft des Schweizer Finanzplatzes

Am 17. Mai referierte Philipp M. Hildebrand, Präsident des Direktoriums Schweizerische Nationalbank, vor der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft über das Thema: ” Weichenstellungen für die Schweizer Wirtschaft – Herausforderungen und Zukunft des Schweizerischen Finanzplatzes”. Das Referat ist eine bestechende Analyse der […]

Behavioral Economics & Anreize: Herausforderungen und Zukunft des Schweizer Finanzplatzes

Am 17. Mai referierte Philipp M. Hildebrand, Präsident des Direktoriums Schweizerische Nationalbank, vor der Zürcher Volkswirtschaftlichen Gesellschaft über das Thema:

” Weichenstellungen für die Schweizer Wirtschaft – Herausforderungen und Zukunft des Schweizerischen Finanzplatzes”.

Das Referat ist eine bestechende Analyse der derzeitigen Situation des Finanzplatzes Schweiz mit einer klaren strategischen Empfehlung des Präsidenten für die Grossbanken.

1. Die Arbeitsproduktivität im Finanzsektor in der Schweiz ist beträchtlich und ist doppelt so hoch wie im Handel oder in der Industrie.

2. Das Banking spielt für die Schweiz und die Stadt Zürich eine sehr wichtige Rolle für die Wertschöpfung, als Arbeitgeber und als Steuerzahler.

* Von 2000 – 2007 waren durchschnittlich ca. 190’000 Personen in der Schweiz im Finanzbereich tätig
* 6% der Erwerbstätigen in der Schweiz erwirtschaften dabei rund 12% der inländischen Wertschöpfung (ca. 53 Mrd. Schweizer Franken)
* Die direkten Steuern der Banken machen rund 25% der Steuereinnahmen der juristischen Personen bei Bund, Kantonen und Gemeinden aus. Rund 12.5% stammen dabei von den beiden Grossbanken
* In den Jahren 2005 – 2007 trugen Banken und Versicherungen jährlich rund 66% zum Aufkommen an direkten Steuern der juristischen Personen in der Stadt Zürich bei.
* Jeder sechste (rund 17%) Erwerbstätige in der Stadt Zürich arbeitet im Finanzsektor

3. Das Investment-Banking hatte die letzten 10 Jahre im Verhältnis zur Vermögensverwaltung eine schlechtere Rendite und ein höheres Risiko für die beiden Grossbanken.

4. Das Risiko im Investmentbanking (speziell im Eigenhandel, nicht in der Beratung) kann zu solch grossen Verlusten führen, dass es eine gesamte Volkswirtschaft langfristig sehr negativ beeinflussen kann

* bisherige Aktionäre sind rechtlich nicht verpflichtet, möglicherweise nicht in der Lage oder nicht gewillt, diese Verluste zu tragen;
* neue Aktionäre müssen erst gefunden werden, die einer verlustbringende Bank durch Kapitalerhöhungen das zur operativen Weiterführung notwendige Eigenkapital zu einer für alle Beteiligten akzeptablen Bewertung zur Verfügung stellen;
* die Gewinne aus den Risikopositionen stehen jedoch den Aktionären zu;
* diese asymmetrische Verteilung zwischen Gewinnen und Verlusten ist eine gefährliche Anreizstruktur für das globale Risikomanagement der Banken;
* Das Problem ist, dass es aus Sicht der Eigenkapitalgeber wirtschaftlich sinnvoll ist, Eigenhandel zu betreiben und das Risiko dort möglicherweise noch zu steigern;
* Aus Sicht vieler “Stakeholder” und volkswirtschaftlich ist es jedoch zumindest zweifelhaft, diesen Zweig des Investmentbankings zu betreiben;
* Daher scheint es, dass diese Risikoausprägung des Investmentbanking, insbesondere des Eigenhandels von Banken, negative Auswirkungen für die Schweiz als Volkswirtschaft hat;

5. Es bestehen Zweifel, dass es grosse Synergien zwischen Inlands- und Auslandsgeschäft gibt (bisher noch keine empirischen Evidenzen).

6. Die Kernkompetenz der Schweizer Grossbanken liegt in der Vermögensverwaltung.

7. Damit sich der Finanzplatz Schweiz auf die Kernkompetenz Vermögensverwaltung konzentrieren kann, braucht es für die Banken klare Rahmenbedingungen. Daher sollte möglichst rasch mit den Nachbarn der Schweiz eine akzeptable Lösung der Besteuerung ausländischer Guthaben erzielt werden.

Wer dieses Referat im Ganzen lesen möchte, kann es hier auf der Seite der Schweizerischen Nationalbank (SNB) herunterladen.