Weniger kann mehr verkaufen: Knappheit von Gütern am Point of Sale

Je weniger von einem Produkt noch vorhanden ist, desto stärker kann dies auf die Kaufentscheidung wirken. Bei Wein reichen oft schon halbleere Regale, um diesen Effekt zu erzeugen, wie ein aktuelles Experiment zeigt.

Weniger kann mehr verkaufen: Knappheit von Gütern am Point of Sale
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Guten Wein zu kaufen ist gar nicht so einfach. Die Auswahl ist gross, die Etiketten erzählen in blumigen Worten und edlem Design das Ewiggleiche. Um sich entscheiden zu können, muss der Käufer die Qualitäten des Produkts aber von den vorhandenen Merkmalen ableiten, sei es der Preis, das Anbaugebiet oder sogar das Gewicht der Flasche (Piqueras-Fiszman & Spence, 2012). Wenig untersucht wurde bisher der Aspekt der Knappheit beim Kauf von Wein.

Dass knappe Güter einen grossen Reiz auf Kunden ausüben, ist hinreichend belegt – egal, ob der Grund für das geringe Angebot eine kleine Produktion oder grosse Nachfrage ist:

When scarcity is caused by limited supply, consumers infer that a wine is exclusive, which can stimulate a desire to be one of the happy few to own it (Fromkin, 1970). When scarcity is caused by excess demand, consumers infer that the wine is popular and desire to join the many others who already own it, due to social validation of product quality or social appropriateness (Bearden & Rose, 1990; van Herpen et al., 2009).

Beim Wein tritt Knappheit auf zwei Arten auf: Entweder weiss der versierte Käufer, dass eine bestimme Flasche selten ist und daher teuer. Oder dem Laien wird Knappheit durch geschicktes Regalmanagement suggeriert, indem am Point of Sale vergleichsweise wenig Flaschen platziert werden. Eine Untersuchung von Erica van Herpen, Rik Pieters und Marcel Zeelenberg konzentriert sich auf diesen Faktor Knappheit.

Als Probanden mussten 276 holländische Studenten den Inhalt eines Weinregal bewerten, das nur spärlich mit einem exklusiven und lückenlos mit einem anderen Wein befüllt war. Das Ergebnis: Egal, ob das geringe Angebot einer Sorte nun von Unterproduktion oder einer grossen Nachfrage ausgelöst wurde (beide Szenarien wurden den Studenten vorgespielt) – das Interesse daran wuchs. Doch nicht nur das: Bei exklusiven Weinen mit wenigen Flaschen stieg das Interesse besonders, was laut Autoren das menschliche Bedürfnis nach Einzigartigkeit unterstreicht.

Damit ist evident, dass am Point of Sale zusätzlich zu Geschmack, Design, Labeling und Preis auch die Knappheit von Wein eine grosse Rolle für die Kaufentscheidung spielt. Eine Erkenntnis, die übrigens nicht nur auf Wein allein beschränkt ist. Knappheit zu erzeugen kann auch bei anderen Produkten am Point of Sale gut wirken.

Quelle: Erica van Herpen, Rik Pieters, Marcel Zeelenberg, When Less Sells More or Less: The Scarcity Principle in Wine Choice, Food Quality and Preference, April 2014