Experimentelle Studie: Sind attraktive Frauen weniger kooperativ?

Wie attraktiv jemand ist, kann das menschliche Kooperationsverhalten beeinflussen. Ein Experiment untersuchte nun, wie sich Attraktivität auf die Kooperation von Frauen untereinander auswirkt.

Experimentelle Studie: Sind attraktive Frauen weniger kooperativ?
Die drei Grazien, Émile Vernon, 1872-1919, Ausschnitt. Lizenz: Public Domain

Das menschliche Kooperationsverhalten steht schon länger im Fokus der Wissenschaft. Eine neue Studie einer Gruppe spanischer Wissenschaftler beschäftigt sich mit der Frage, wie die Attraktivität einer Frau den Zusammenhalt unter Frauen beeinflussen kann.

Für die Untersuchung wurde eine Reihe körperspezifischer Variablen herangezogen: Fluctuating Asymmetry (FA), Waist-Hip Ratio (WHR), Body Mass Index (BMI) und Facial Femininity (FF). Fluctuating Asymmetry erklärt die Abweichung von Eigenschaften, die innerhalb einer Population symmetrisch auftreten – mit einer konstanten Morphologie kann ein Organismus möglichen Störungen von aussen einfach besser widerstehen. Eine höhere Asymmetrie korreliert durchschnittlich positiv mit gesundheitlichen, etwa hormonellen, Problemen. Verhaltensstudien haben etwagezeigt, dass eine niedrige FA das Kooperationsverhalten unter Männern niedrig hält. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass „symmetrischere“ Männer weniger auf andere Ressourcen angewiesen sind und kaum Hilfe benötigen.

Waist-Hip Ratio und BMI sind mittlerweile populäre Begriffe: Je höher sind, desto bedenklicher ist dies für die Gesundheit. Ein hoher Grad an Facial Feminity wiederum – also ausgeprägten weiblichen Gesichtszügen – soll positiv mit körperlicher Widerstandsfähigkeit, Östrogenspiegel und Fruchtbarkeit zusammenhängen.

So weit, so theoretisch: Inwiefern sich diese vier Attraktivitätsvariablen auf den weiblichen Zusammenhalt auswirken, wurde mit Hilfe eines Gefangenendilemma-Spiels getestet. Es galt die Annahme, dass gemeinhin attraktive und fitte Frauen sich während des Testverhaltens unkooperativer verhalten würden – ähnlich den Männern in anderen Experimenten.

Attraktivität und Zusammenhalt unter Frauen

Ausserdem vermutete man, dass die Variablen unabhängig von der Wahrnehmung der eigenen Attraktivität (Self Perceived Attractivity, SPA) ihre Wirkung zeigen würden, sprich:

Such result would imply that the biological determinants behind the studied features (such as developmental stability and hormone levels) wield their influence on behavior regardless of whether the individual considers herself as attractive or not.

176 spanische Studentinnen nahmen am Experiment teil und konnten sich am Computer entscheiden, ob sie jeweils mit einer unbekannten Partnerin kooperieren wollen oder den Alleingang vorziehen. Danach wurden die Frauen fotografiert und die untersuchten Attraktivitätsmerkmale vermessen.

Letztendlich bestätigten sich nicht alle Punkte der Anfangshypothese. Frauen mit symmetrischen Gesichtszügen zeigten sich zwar nicht sonderlich kooperativ im Rahmen des Gefangenendilemma-Spiels, aber eine schlanke Taille (niedrige WHR) hielt nicht von weiblicher Solidarität ab, ganz im Gegenteil. Ausserdem konnte der Grad der Zusammenarbeit nicht mit der Wahrnehmung der eigenen Attraktivität in Verbindung gebracht werden. Dazu die Studienautoren:

(…), this contradiction also casts doubts on the idea that the motivation to cooperate is only related to the possibility of obtaining resources from others through reciprocation. This is only one of the possible, and not mutually exclusive, motivations of pro-social behavior (social norms and ethical beliefs are also obvious factors). The mixed results obtained here demonstrate the difficulty of associating any behavior to a single motivation.

Quelle: Jose A. Muñoz-Reyes, et al., Who is the fairest of them all? The independent effect of attractive features and self-perceived attractiveness on cooperation among women, scottish institute for research in economics, 2013