BEA™ Incentives & Motivation: Vertrauen ist die Grundlage einer gewinnbringenden Unternehmenskultur – zum Wohle aller Stakeholder

Business-Experimente der Verhaltensökonomie zeigen: Durch die richtigen Anreize lassen sich Vertrauen, Effizienz und Leistung in Unternehmen erheblich verbessern.

BEA™ Incentives & Motivation: Vertrauen ist die Grundlage einer gewinnbringenden Unternehmenskultur – zum Wohle aller Stakeholder

Vertrauen ist für uns als grundsätzliches menschliches Bedürfnis allgegenwärtig. Freundschaften, Ehen, viele Geschäfte, grosse wirtschaftliche Transaktionen aber auch die tägliche Zusammenarbeit in Unternehmen basieren auf diesem Prinzip. Die Notwendigkeit ausgeklügelter Vertragstexte soll damit keinesfalls in Abrede gestellt werden – diese sind jedoch oft nicht die Grundlage erfolgreicher wirtschaftlicher Kooperationen. Nicht alles lässt sich eben in Paragraphen und Klauseln festschreiben.

Im täglichen Wirtschaften ist Vertrauen daher ein grundlegender Bestandteil, der unser Verhalten und unsere Entscheidungen bestimmt. In Unternehmen ist dies nicht anders. Daher ist es von höchsten Interessen, mit welchem Verhalten der Manager bei den Kollegen und Mitarbeitern Vertrauen aufbaut und fördert – oder zerstört.

Genau zu diesem Thema haben Ernst Fehr, Professor an der Universität Zürich und Verwaltungsratspräsident von FehrAdvice & Partners und John A. List, damals noch Professor an der University of Maryland, jetzt Homer J. Livingston Professor of Economics at the University of Chicago, ein viel beachtetes wirtschaftliches Experiment durchgeführt. Die Ergebnisse erschienen 2004 im “Journal of The European Economic Association” (“The Hidden Costs and Returns of Incentives – Trust and Trustworthiness among CEOs and Students”).

In dieser wissenschaftlichen Arbeit haben Fehr und List erstmals mit CEOs als Teilnehmern in den Experimenten gearbeitet. Dem Verhalten der CEOs wurden als Kontrollgruppe Studierende gegenüber gestellt.

Die modernen Wirtschaftswissenschaften haben in den vergangenen 20 Jahren durch Labor- und Feldexperimente ein innovatives Instrumentarium entwickeln, das ermöglicht, die menschlichen Präferenzen exakt messen zu können. Um die Vertrauensfähigkeit (Ist der Manager in der Lage, z.B. einem Mitarbeiter zu vertrauen?) und die Vertrauenswürdigkeit (Vertrauen Mitarbeiter einem Manager?) eines Managers bestimmen zu können wurde ein so genanntes “Trust Game” verwendet (im Fachjargon auch “Gift-Exchange-Game” genannt).

Vorleistung als Teil einer guten Firmenkultur

In diesem experimentellen Design wird der Teilnehmer in eine Situation versetzt, in denen er vor der Entscheidung steht, freiwillig einem anderen Teilnehmer etwas zu geben (in der Regel einen Geldbetrag), ohne dass er sicher sein kann, dass der andere Teilnehmer dieses Geld in einem nächsten Schritt wieder zurückgeben wird. Diese Vorleistung ist ein elementarer Bestandteil einer gut funktionierenden Firma und einer leistungsbasierten Firmenkultur. Stellen wir uns doch einfach vor, was passieren würde, wenn jede Tätigkeit, die ausserhalb eines definierten Jobprofils immer zu einer Art Vertragsverhandlungen mit den Mitarbeitenden führen würde – geringe Arbeitseffizienz und hohe Kosten wären die Konsequenz.

Teilnehmer am Experiment, die bereit sind, einen Geldbetrag zu geben, haben daher in der Regel grössere Vertrauensfähigkeit, dass sie in Zukunft auch etwas zurückbekommen. Teilnehmer, die etwas zurückgeben, geniessen eine höhere Vertrauenswürdigkeit als jene, die sich dafür entscheiden, alles oder den überwiegenden Teil für sich zu behalten.

Eigennützig handelnde Menschen haben in diesem Experiment nur eine klare Handlungsoption: Sie behalten alles für sich und sind auch nicht bereit, ohne „klar definieren Vertrag“ (oder auch eine Gegenleistung) eine Vorleistung zu erbringen. So weit, so Theorie. Denn das Experiment zeigte die Neigung von Menschen, Reziprozitätspflichten (Wie du mir, so ich dir) auch dort zu erfüllen, wo ein rein auf den persönlichen Nutzen abgestelltes Kalkül eigentlich klar dagegen spräche.

Wie du mir, so ich dir

Auf kooperatives und faires Verhalten (in diesem Fall: auf Vertrauen) wird tendenziell mit kooperativem und fairem Verhalten reagiert. Und Verhalten, das als unfair und feindlich empfunden wird, löst beim Gegenüber eine gleichwertige Reaktion aus.

Weiter zeigte sich im Experiment von Fehr und List auch deutliche Unterschiede im Verhalten von Studierenden und CEOs. Interessanterweise schenken CEOs grösseres Vertrauen und zeigten mehr Vertrauensfähigkeit als die Studierenden. Damit sind sie auch effizienter als die in der Kontrollgruppe teilnehmenden Studierenden und erzielen erheblich bessere Ergebnisse.

Ausserdem konnte gezeigt werden, dass explizite geäusserte negative Anreize (z.b. eindeutige Drohungen, um Drückebergerei oder fehlende Kooperation zu bestrafen) eindeutig nach hinten losgehen und negative Auswirkungen auf die Performance der Teilnehmer und die Kultur haben. Sie führen zu weniger vertrauenswürdigem Verhalten aller, also zu einer Misstrauenskultur. Und Misstrauenskulturen führen unweigerlich dazu, dass Mitarbeiter Ihre Kooperationsanstrengungen und damit ihre Leistungen erheblich reduzieren – mit „Dienst nach Vorschrift“ kann kein Unternehmen die Konkurrenz überflügeln.

Wer Misstrauen sät, erntet Misstrauen

Strafandrohungen wirken nur dann verhaltensändernd, wenn sie impliziter Natur sind, sprich, wenn es für alle klar ist, dass diese Sanktionierung möglich ist, sie jedoch nicht ausgesprochenen wird. Vorgesetzte und Kollegen gewinnen dadurch ganz deutlich Vertrauensfähigkeit und Glaubwürdigkeit bei ihren Mitarbeitern und stiften damit hohe Kooperationsleistungen in ihrem Umfeld.

Die alte Weisheit, „Wer Misstrauen sät, erntet Misstrauen“ wird durch die Ergebnisse von Fehr und List eindeutig bestätigt. Vertrauen erzeugt Vertrauenswürdigkeit und damit eine erheblich höhere Leistungsbereitschaft.

Vertrauens- und Kooperationseffekt im Experiment und auch in den Unternehmen sind dann am stärksten ausgeprägt, wenn die Manager auf mögliche Sanktionsmöglichkeiten verzichten. Es zeigt sich jedoch häufig, dass viele Teilnehmer des Experiments der Versuchung erliegen, andere zu bestrafen – bei CEOs allerdings signifikant weniger als bei Studierenden. „Rache ist süss“ setzt sich hier klar gegen Effizienz und Leistungskultur durch.

Fazit:

  • Vertrauenswürdigkeit und Vertrauensfähigkeit verstärken einander wechselseitig und steigern die Effizienz und Leistungsfähigkeit in einem Unternehmen.
  • Gerade im Leadership von Managern sind negative Anreize, die insbesondere mit Strafandrohungen arbeiten, zu vermeiden, da diese kontraproduktiv und leistungshemmend wirken und eine Kultur des Misstrauens fördern.
  • Die Versuchung, andere zu bestrafen, ist für die meisten Teilnehmer des Experiments trotzdem sehr stark – bei CEOs allerdings signifikant weniger als bei Studierenden.